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Anmerkungen zur Berichterstattung über „Ehe für alle“

(Archiv-Foto: Bürgerbüro Cottbus)

(Archiv-Foto: Bürgerbüro Cottbus)

Nach der heutigen historischen Entscheidung des Deutschen Bundestages zur „Ehe für alle“ – bei der ich mit „Ja“ gestimmt habe – berichtet LR-Online über das Abstimmungsverhalten der Lausitzer CDU-Abgeordneten. Hierzu möchte ich anmerken:

Der Döberner CDU-Abgeordnete Dr. Klaus Peter Schulze, der in der Abstimmung heute mit Nein gestimmt hat, nutzt dieses wichtige Thema – wie ein schlechter Verlierer, aber offensichtlich als schlecht informierter Bundestagsabgeordneter – für eine völlig unsachliche Kritik am Koalitionspartner:

Herr Dr. Schulze verbreitet in seinem auch auf Facebook verbreiteten Statement seine Meinung, indem der behauptet, dass der von der SPD gewählte Weg der heutigen Abstimmung keinen Raum für eine breite parlamentarische und auch gesellschaftliche Debatte gelassen hat.

Herr Dr. Schulze, das ist Ihre Wahrnehmung, aber nicht die Wahrheit! Über die Öffnung der Ehe wird seit vielen Jahren diskutiert. Nicht nur in der Gesellschaft wird seit mehreren Jahrzehnten diskutiert, sondern insbesondere auch in den Parlamenten in Deutschland – auf Bundes- und auf Landesebene. Den ersten Gesetzentwurf hat die SPD-Fraktion in der 13. Wahlperiode 1998 vorgelegt und damit die politische Diskussion vorangetrieben. Über Jahre hinweg folgten immer wieder Initiativen, Gespräche und parlamentarische Debatten – gerade in der jetzigen 18. Legislaturperiode wurde mehrfach im Plenum des Deutschen Bundestags über das Thema beraten, zuletzt am 17.5.2017. Im Rechtsausschuss hat es sogar am 28.9.2015 hierzu eine Sachverständigenanhörung gegeben.

Mit ihrem Koalitionspartner hat die SPD ebenfalls von Beginn bis zum Ende der Legislaturperiode ständig das Gespräch gesucht. Angefangen von den Koalitionsverhandlungen, bei denen die Union nicht bereit war, sich für die Öffnung der Ehe auszusprechen, bis hin zu den vielen zwischenzeitlich stattgefundenen Koalitionsausschüssen. Zuletzt am 29.3.2017 wollte die SPD das Thema im Koalitionsausschuss beraten. Auch diesen Vorschlag lehnte die CDU ab, insbesondere war die Union immer gegen eine Grundgesetzänderung.

Seit der Möglichkeit, dass homosexuelle Paare in Deutschland ihre Lebenspartnerschaft offiziell eintragen lassen können, gibt es auch eine breite gesellschaftliche Debatte über dieses Thema. Wie kann man nur heute am 30.06.2017, also 16 Jahre später, noch das Gegenteil behaupten?

Herr Dr. Schulze schreibt in seinem Statement weiter: „Das Vorgehen der SPD stellt einen Vertrauensbruch dar, der einzig mit Blick auf die aktuellen Umfragewerte vollzogen wurde. Für die konstruktive Regierungsarbeit in einer Koalition ist es jedoch essentiell, dass sich die beteiligten Parteien an Absprachen halten und gegenseitig vertrauen können.“

Der Vorwurf von Herrn Dr. Klaus-Peter Schulze, die SPD hätte einen Koalitions- oder Vertrauensbruch begangen, geht ins Leere. Es war die Kanzlerin, die am Montagabend dieser Woche die Tür zur heutigen Abstimmung geöffnet, und die Entscheidung zu diesem Thema zur Gewissensfrage erhoben hat. Damit wird deutlich: Martin Schulz wirkt! Denn er hat auf dem Dortmunder SPD-Parteitag die „Ehe für alle“ zur Bedingung eines neuen Koalitionsvertrages gemacht. Die Kanzlerin hat am Montagabend nicht gewusst, welche Dynamik sie auslöst. Angela Merkel hat also aus Machtkalkül – nicht aus innerer Überzeugung wie Martin Schulz – einmal mehr Ihre Meinung kurzfristig komplett geändert.

Es tut mir leid, dass Dr. Klaus-Peter Schulze das als Bundestagsabgeordneter in den letzten vier Jahren nicht wahrgenommen hat.

Ulrich Freese, MdB