
„Das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP – Der größte Handelsraum der Welt! Segen oder Fluch für Brandenburg?“ Unter diesem Thema stand am Freitag, den 27. Februar 2015 eine Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung auf Initiative der Cottbuser Landtagsabgeordneten Kerstin Kircheis (SPD). Als Diskutanten waren die Europa-Abgeordnete der SPD-Brandenburg, Susanne Melior, MdB Ulrich Freese, sowie als bekennender TTIP-Kritiker Sven Hilbig von „Brot für die Welt“ geladen.
Ulrich Freese freute sich über das rege Interesse der Bürgerinnen und Bürger seines Wahlkreises an diesem Thema und der Diskussionsbereitschaft mit konstruktiven und kritischen Vorschlägen. Rund 100 Besucher fanden am Freitagabend den Weg ins Cottbuser Stadthaus. Unter Moderation von Barbara Hackenschmidt brachten alle drei Podiumsteilnehmer in einem persönlichen Statement ihre Meinungen sowie Haltung zum Freihandelsabkommen TTIP (aber auch dem Abkommen mit Kanada) zum Ausdruck.
Ulrich Freese wies darauf hin, dass Millionen Arbeitsplätze in Deutschland vom Handel abhängen und in der EU mittlerweile vierzig Prozent der hergestellten Industrieprodukte aus importierten Vorprodukten stammen. „Deshalb ist es sinnvoll, Freihandel zu gestalten, denn in einer globalisierten Weltwirtschaft mit sich verlagernden Schwerpunkten von Europa nach Asien können einzelne kleine Staaten wenig ausrichten. Und alleine lassen sich unsere hohen Standards und Normen, unsere
Auffassung von gerechtem und fairem Handel nicht durchsetzen. Die Mitglieder der EU stehen ein für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen, Schutz der Umwelt, den Erhalt der kulturellen Vielfalt.
Wenn wir unserer Wirtschaftsmodell und damit verbunden auch unsere gesellschafts- und umweltpolitischen Vorstellungen behalten und fortentwickeln wollen, benötigen wir die Unterstützung Gleichgesinnter.“, so Freese in seinem Eröffnungs-Statement.
„TTIP ist die Chance, unsere Ziele eines freien Handels unter Beibehaltung höchster Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards gemeinsam mit den Amerikanern zu verwirklichen und so Maßstäbe zu setzen.“, verrät Freese sein Ziel eines transatlantischen Freihandelsabkommens. „Es handelt sich dabei nicht um einen „postkolonialen“ Vertrag. TTIP bietet viel mehr: TTIP ist ein Vertrag zwischen gleichberechtigten Partnern. Die Frage ist für mich nicht ob, sondern wie und welches Transatlantische Vertragswerk wir bekommen werden.„, so Freese. Wichtig sind für den Lausitzer Abgeordneten, der für die SPD im Wirtschafts- und Energieausschuss des Deutschen Bundestags sitzt, folgende Punkte:
- Erhalt hoher Schutzstandards: „TTIP verstehe ich als unsere Chance, unsere Vorstellungen von Handel unter Beibehaltung höchster Arbeits- Sozial- und Umweltstandards in Kooperation der Europäer untereinander und gemeinsam mit den Amerikanern zu erarbeiten, um Maßstäbe zu setzen.“
- Erarbeitung des Vertragswerkes – Zusammenwachsen innerhalb der EU: „Die Neuregelungen des Vertrages von Lissabon müssen sich in der Praxis bewähren. Der Vertragstext ist mit Leben zu erfüllen. Dies betrifft insbesondere die Zusammenarbeit von KOM, Rat und EU-Parlament. Die neue KOM scheint aus alten Fehlern gelernt zu haben: Die Verhandlungen werden, soweit dies bei der Materie möglich ist, transparent geführt. Die Zwischenergebnisse finden sich im Internet, doch nicht nur das EP sondern auch die Parlamente der Nationalstaaten werden eingebunden.“
- Moderne Schiedsgerichte/Investorenschutz: „Besonders umstritten in der Öffentlichkeit ist der Investorenschutz. Die in Deutschland erstmals 1959 eingeführten Schiedsgerichtsklausel im Abkommen mit Pakistan passen in dieser Form nicht mehr in die Welt. Andererseits: Insbesondere europäische Investoren aus dem Mittelstand fordern die Beibehaltung und Weiterentwicklung dieses Instruments aus zwei Gründen: Die bestehenden mit der US Seite in den 90er Jahren geschlossenen Abkommen sind sehr ungünstig ausgefallen. Insbesondere Polen fühlt sich hier benachteiligt. Andererseits fürchten insbesondere KMU diskriminierende und teure Verfahren vor US-amerikanischen Gerichten. Wirtschaftsminister Gabriel, und mit ihm vier sozialdemokratische Handelsminister, haben sich in einem gemeinsamen Positionspapier für die Weiterentwicklung dieses Rechtsinstruments zu einem Handelsgericht mit fairen Verfahrensregeln, Berufsrichtern und Berufungsinstanz ausgesprochen. Um es zu betonen: Investoren wird hiermit keine rechtliche Immunität eingeräumt. Die Mitgliedsstaaten können Investoren, bei festgestellten oder vermuteten Fehlverhalten, jederzeit vor einem nationalen Gericht zur Rechenschaft ziehen.“
„Was für mich klar ist: Wir werden Prinzipien haben, die werden wir einhalten“, so Freese.
Im Anschluss an die Eingangs-Statements wurde untereinander auf dem Podium und mit dem Publikum diskutiert. Die ein oder andere sich hartnäckig in der Öffentlichkeit haltende Falschinformation, wie angebliche negative Einflüsse von TTIP auf die öffentliche Daseinsvorsorge, kamen dabei auch zur Sprache. Ulrich Freese verwies noch einmal darauf, dass diese durch TTIP nicht angetastet wird, und dass das hohe Schutzniveau für bestimmte grundlegende Dienstleistungen auf lokaler Ebene in Bezug auf Wasser, Gesundheit und Bildung in Europa nicht zur Debatte stehen.
Eine Veranstaltung zu diesem Thema schafft natürlich die unterschiedlichen Sichtweisen auf das Thema TTIP nicht aus der Welt. Deshalb hofft Ulrich Freese auf weitere Veranstaltungen dieser Art, und lädt die Bürgerinnen und Bürger auch dazu ein, seine kommenden Bürgersprechstunden für Fragen und Diskussionen zu diesem Thema zu nutzen.