Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was nutzt es Europa, wenn die dampfende deutsche Lokomotive möglicherweise auch noch lahmt?
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Um Gottes willen! Schmeiß Hirn vom Himmel!)
Das war ein Teil der Rede, die Sie gerade vorgetragen haben, und ein Teil der Rede, die Herr Kollege Schlecht vorgetragen hat.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Niemals! – Michael Schlecht [DIE LINKE]: Sie haben keine Ahnung!) –
Kollege Schlecht, wir beide kommen ja aus der Gewerkschaftsbewegung und haben häufig genug darüber gestritten, was richtig und falsch ist. Mir ist wichtig – ich glaube, das ist auch für die Entwicklung Deutschlands als Lokomotive Europas wichtig –, dass wir unseren industriellen Besatz nach wie vor stabil halten.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
100 000 Betriebe, 8 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und 260 000 Auszubildende sind in einem industriellen Netzwerk, das der Kern der wachstumsorientierten Politik der Bundesrepublik Deutschland ist. Nicht anders verhält es sich – richtigerweise – auch auf europäischer Ebene; denn das Kernziel der Europäischen Kommission, bis 2020 den industriellen Anteil am Bruttoinlandsprodukt auf 20 Prozent zu erhöhen, ist ein richtiges, ein ehrgeiziges und auch ein nachhaltiges Ziel, das all die Fragen, die hier in unterschiedlicher Art und Weise aufgeworfen worden sind, zu beantworten hilft. Für die Reindustrialisierung Europas ist eine Wiederbelebung der Industriepolitik zwingend erforderlich; denn eines lehrt uns die Vergangenheit: Staaten, die einen hohen industriellen Wertschöpfungsanteil besitzen, sind gut durch Krisen gekommen; was insbesondere für die Bundesrepublik Deutschland gilt.
(Beifall des Abg. Matthias Ilgen [SPD])
Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir den hohen industriellen Besatz, den wir haben – sein Anteil an der Bruttowertschöpfung beträgt weit über 20 Prozent –, stabil halten, damit die anderen europäischen Staaten ihren Anteil, der bei unter 20 Prozent liegt – durchschnittlich sind es 15 Prozent, in einigen Ländern sogar nur 10 Prozent, und das mit schrumpfender Tendenz –, im Rahmen dieses industriellen europäischen Netzwerkes steigern können. Mein Kollege Westphal hat klar und deutlich gesagt, dass es uns darauf ankommt, gut bezahlte Arbeitsplätze, gute Ausbildung, faire Arbeitsbedingungen und Partizipation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Betriebsräten bzw. im Rahmen der Mitbestimmung zu haben. Das ist der Kern der industriellen Produktionsweise innerhalb Deutschlands. Wenn wir wollen, dass Europa vorankommt, dann tun wir gut daran – das hat insbesondere die Diskussion heute Morgen über die Stahlstandorte in Deutschland und in Europa gezeigt –, unsere Industrie zu stärken, statt sie durch solche Diskussionen, wie sie hier gerade geführt wurden, zu schwächen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
(Quelle: Plenarprotokoll 18/167 Deutscher Bundestag)