Mein Diskussionsbeitrag zum Antrag der Abgeordneten Annalena Baerbock, Oliver Krischer, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Die Zeit ist reif für den Kohleausstieg“ (Drucksache 18/12108) in der 237. Sitzung des Deutschen Bundestages in der Wahlperiode 18:
Schönen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will es einmal mit einer Diskussion versuchen. Herr Heider, Herr Dr. Klaus-Peter Schulze, die Bergleute an der Ruhr hätten sich über Ihre Reden im Jahre 2007 sehr gefreut; denn damals haben Sie als CDU/CSU und FDP den Steinkohleausstieg auf den Weg gebracht. Heute feiern Sie sich als Retter der Kohleindustrie in Deutschland. Das ist, denke ich, in hohem Maße widersprüchlich. Weil vom Strukturwandel die Rede ist, bin ich gespannt, wie Sie die Schuttberge, die dieser Kohleausstieg im Ruhrgebiet hinterlassen hat, strukturpolitisch ordentlich auf den Weg bringen. Die Arbeitslosigkeit in Gelsenkirchen, Bottrop, Herten, Herne, Marl und anderswo spricht eine klare und deutliche Sprache: Der Strukturwandel hat nicht zu industriell gut bezahlten und vernünftig wertschöpfenden Arbeitsplätzen geführt. Deshalb war es mit Sicherheit falsch, erst auszusteigen, wenn Sie heute, Herr Dr. Klaus-Peter Schulze, darüber jammern, dass wir 56 Millionen Tonnen durch Kinderarbeit und nicht umweltverträglich geförderte Kohle aus aller Welt nach Deutschland holen. Für die Stahlindustrie führen wir 11 Millionen Tonnen Kohle ein, damit die Stahlindustrie in Deutschland fortleben kann. Das war meine erste Bemerkung.
Zweite Bemerkung: Frau Baerbock, Sie haben gerade gesagt, dass wir aus Deutschland heraus in schmutzige Kohlegeschäfte investieren. Sie haben doch eine Anfrage gestellt und darauf auch am 20. April 2017 eine Antwort bekommen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau bzw. die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft hat Ihnen klar und deutlich geantwortet, in welchen Bereichen sie in Kohle investieren, und zwar in die Modernisierung von Kohlekraftwerken unter ganz besonders engen Bedingungen, nämlich wenn der Empfänger eine Klimastrategie hat, wenn Anwendungen bestverfügbarer Technik zur Verfügung stehen, wenn keine Energiealternativen in den Regionen vorhanden sind, wenn KWK-Anlagen mindestens 75 Prozent Wirkungsgrad haben, wenn eine signifkante Verbesserung der Energieversorgungssicherheit gegeben ist und, was wichtig ist, Umwelt- und Sozialverträglichkeitsstandards eingehalten werden. (Beifall bei der SPD) Das ist ein guter Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung und auch zur CO2 -Minderungsstrategie, die weltweit wirken muss.
(Abg. Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage]
– Wir diskutieren so oft auf ofener Bühne; da können wir uns das heute sparen. Das ist meine Antwort auf Ihre Wortmeldung.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wurden doch noch gar nicht gefragt!)
Ich will in dieser Diskussion eine weitere Bemerkung machen. Sie haben Trump angesprochen und gesagt, dass Deutschland jetzt der Welt etwas beweisen muss. Wir haben seit 1990 über 250 Millionen Tonnen CO2 eingespart, und das weitestgehend in der Energieerzeugung, nirgendwo anders. (Beifall des Abg. Thomas Jurk [SPD]) Wenn wir jetzt noch, wie Sie es wollen, aus der Braunkohleverstromung aussteigen und etwa 180 Millionen bis 200 Millionen Tonnen CO2 einsparen, dann ist das in der Wirkung für das Weltklima so ähnlich, als wenn in China ein Sack Reis umfällt. Es ist auch nicht richtungsweisend.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, Sie wollen auch nicht das Pariser Klimaabkommen befolgen? Es wird immer besser!)
Nein, wir in Deutschland müssen unsere Blockaden aufgeben und die bestmöglichen verfügbaren Techniken, die wir haben, nicht nur im Bereich der regenerativen Energien und der Speichertechnologien, sondern auch in der Verwendung von fossilen Energien wie Erdgas, Erdöl und Braunkohle einsetzen.
Wir werden – das garantiere ich Ihnen – in der nächsten Wahlperiode darüber zu reden haben, weil die Evaluierung des von CDU/CSU und FDP auf den Weg gebrachten CCS-Gesetzes ansteht, wo es ja auch um die Opt-out-Regelung geht. Wir werden nicht daran vorbeikommen, in Deutschland darüber nachzudenken, was wir mit dem abgeschiedenen CO2 aus industriellen Prozessen machen sollen. Stofiche Verwertung: Ja. Das wird aber nicht reichen. Wir werden auch darüber nachdenken müssen, ob wir die CCS-Technik nicht in ganzheitlicher Art und Weise anwenden und dabei Untergrund nutzen. Wo Gas drin war, kann auch wieder Gas hinein. Das wäre ein wichtiger Beitrag auch für alle anderen in der Welt, die derzeit noch 7 Milliarden Tonnen Kohle fördern und verstromen, um ihre Investitionen dann in CO2 -Treibhausgasfreiheit zu stecken. Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)