Rede Ulrich Freese (SPD) am 8. April 2014:
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion für den Haushalt der Landwirte. Zu fachlichen, inhaltlichen Fragen werden gleich meine Kolleginnen Christina Jantz und Ute Vogt und mein Kollege Rainer Spiering Stellung nehmen.
Der Haushalt des Landwirtschafts- und Ernährungsministeriums ist ein kleiner, feiner Haushalt – er macht 1,7 Prozent des gesamten Haushaltes der Bundesrepublik Deutschland aus –, aber er ist ein bedeutsamer Haushalt. Denn Ernährung, ob in fester oder flüssiger Form, geht uns alle an. Deshalb sind uns die in der Landwirtschaft tätigen Unternehmerinnen und Unternehmer, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, gleich in welcher Sparte, sehr wichtig. Minister Schmidt hat sehr deutlich herausgearbeitet, dass 70 Prozent der Haushaltsmittel, ein hoher Anteil, für Sozialpolitik gebunden sind. Daran hat sich auch nichts dadurch geändert, dass der erste Haushalt der Großen Koalition in dieser Wahlperiode schon durch drei Ministerhände gegangen ist. Ob Aigner, Friedrich oder Schmidt – es bleibt bei dem großen Anteil der Sozialpolitik. Das wird von uns Sozialdemokraten nicht infrage gestellt. Aber dennoch wird man – darauf werden wir zu achten haben – die Kosteneffizienz und Wirksamkeit der Maßnahmen, ob in der Kranken-, ob in der Renten- oder in der Unfallversicherung, sehr genau überprüfen.
Einer der wichtigen Punkte, die hier beleuchtet werden müssen, sind die Verwaltungskosten der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Sie sind deutlich höher als bei anderen Sozialversicherungsträgern. Mit etwa 340 Millionen Euro liegen sie weit über dem Benchmark vergleichbarer Sozialversicherungssysteme. Wir werden gemeinsam im Zuge der Haushaltsberatungen in diesem und im nächsten Jahr dazu beitragen müssen, dass in diesem Bereich Einsparpotenziale gehoben werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Minister Schmidt, wir Sozialdemokraten haben ja in den Koalitionsverhandlungen sehr intensiv eine in die Sozialpolitik nicht mehr hineinpassende Regelung infrage gestellt. Worum geht es? Während andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Abschläge in Rente gehen können, wenn sie das 65. Lebensjahr – oder ein paar Monate darüber hinaus – erreicht haben, werden die Bauern immer noch, sofern sie weiterarbeiten und ihren eigenen Hof bewirtschaften, benachteiligt, und zwar nicht nur der Bauer, sondern auch seine Frau, die Bäuerin. Dies ist heute sozial- und rentenpolitisch nicht mehr vertretbar.
Wir werden Sie im Zuge der Haushaltsberatungen beim Wort nehmen. Bevor wir den Haushalt beschließen, werden wir darauf achten, dass das auch in die Tat umgesetzt worden ist. Wir sehen dort gute Möglichkeiten: Die Rente soll gewährt werden. Wer seinen Hof nicht abgibt, muss einen Abschlag von 10 Prozent hinnehmen. Ich denke, das ist eine faire Regelung. Da gehen wir Sozialdemokraten mit Ihnen gemeinsam den Weg in die Zukunft.
(Beifall bei der SPD)
Zu einem zweiten Punkt, der uns wichtig ist. Leider wurden die Mittel für den Waldklimafonds von 26,8 Millionen auf 13,7 Millionen Euro gesenkt. Das ist kontraproduktiv; denn die natürlichste CO2-Senke ist der Wald. Bei all dem, was in der Energiepolitik kritisch diskutiert werden kann, kann von Deutschland ein wirkungsvolles Signal ausgehen: Der Wald wird gebraucht, wir wollen ihn erhalten und aufforsten. Von daher ist unser Ziel, in den Haushaltsberatungen zu erreichen, dass der Waldklimafonds mindestens auf 20 Millionen Euro – davon sind 10 Millionen Euro für dieses Ministerium – erhöht wird.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ein dritter Punkt ist die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Wir haben dafür bereits 600 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt. Weil auch die ländliche Region Zugang zur digitalen Welt erhalten soll, sind im Haushalt 10 Millionen Euro für die Breitbandverkabelung im ländlichen Raum vorgesehen.
Einen wichtigen Punkt, den wir auch im Koalitionsvertrag vereinbart haben, nämlich ein nationales Hochwasserschutzprogramm, haben wir haushalterisch im Kalenderjahr 2014 allerdings nicht abgebildet. Aber das nächste Hochwasser – über die Ursachen können wir streiten – kommt bestimmt, und zwar in immer kürzeren Intervallen. Deshalb muss mit dem Haushalt 2014 klar signalisiert werden, dass wir es mit dem Hochwasserschutz ernst meinen.
Die Landschaften vieler Bundesländer – Bayern, Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und möglicherweise Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern – sind von der Problematik betroffen. Da Prävention besser ist als Nachsorge, wollen wir, dass darüber nachgedacht wird, ob die Mittel aus dem Hilfsfonds für die Flutopfer, der noch nicht gänzlich ausgeschöpft ist, zusätzlich für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ bereitgestellt werden können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Des Weiteren liegen uns Forschung und Entwicklung im landwirtschaftlichen Bereich sehr am Herzen. Für außeruniversitäre Forschung und Entwicklung sind 3 Milliarden Euro vorgesehen. Über alle ministeriellen Bereiche hinweg gilt es nun, gemeinschaftliche Aktivitäten zu entwickeln, weil gute Landwirtschaft, gute Tierhaltung, Tierwohl, Eiweißstrategie usw. wichtige Aufgaben sind, und zwar nicht nur in Bezug auf Ernährung, sondern auch in Bezug auf den Verbraucherschutz. Deshalb wollen wir einen gesicherten Anteil aus diesem Topf für das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft für Forschung und Entwicklung im ländlichen Bereich reklamieren.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich freue mich sehr auf unsere haushalterischen Diskussionen und hoffe, dass wir einen Haushalt auf den Weg bringen, der, wie ich sagte, allen Menschen dient; denn Nahrung in fester und flüssiger Form hält uns alle bei guter Laune, erhält unsere Schaffenskraft und Wirkungskraft.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Danke, Herr Kollege.
Quelle: Deutscher Bundestag – Stenografischer Bericht – 2294 A – Plenarprotokoll 18/28 – 8.4.2014