Abg. Ulrich Freese (SPD): Ja, meine Frage, Herr Vorsitzender, geht an Herrn Raphael. Herr Raphael, die Gebietskörperschaften in den Kohleregionen leiden seit dem Kernenergieausstieg und jetzt seit den Braunkohlediskussionen mächtig unter Steuerausfällen, Gewerbesteuerausfällen.
Sehen Sie im Strukturstärkungsgesetz einen Ansatz, wie die Finanzkraft der Kommunen, der Gebietskörperschaften wieder gestärkt werden kann?
Erste Frage, zweite Frage dazu ist: Sehen Sie im Strukturstärkungsgesetz Ansätze formuliert, wie die Kommunen, aber auch die Kreise, also die Gebietskörperschaften, die Betroffenen, einbezogen werden, um in die strukturpolitische Diskussion maßgeblich mit einzugreifen und halten Sie die
Gebietskörperschaften für personell ausreichend ausgestattet und ist es nicht erforderlich, möglicherweise ihnen zur personellen Ausstattung dementsprechende weitere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen?
Der Vorsitzende: Danke. Herr Raphael bitte.
SV Detlef Raphael (Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände): Ja, herzlichen Dank, Herr Vorsitzender. Meine sehr geehrten Abgeordneten. Ich fang mal hinten an. Es gibt ein großes Missverständnis, das sich wie ein roter Faden überall durchzieht. Es heißt ja immer, die Kommunen bekommen genügend Fördergelder, aber rufen sie nicht ab. Da muss man aber gucken, was in den Kommunen in den letzten Jahren passiert ist, und zwar auch nicht nur da, wo es extreme Haushaltsnotlagen gibt. Es ist Personal gespart worden auch auf Grund von landesrechtlichen Regelungen, und zwar in erheblichem Umfang. Das heißt, wir haben gar keine personellen Kapazitäten mehr, um allein schon Förderanträge zu bearbeiten. Darüber muss man sich auch im Klaren sein. Deshalb ist meine, unsere, herzliche Bitte – ob das in diesem Gesetz oder an anderer Stelle erfolgt – unbedingt dafür zu sorgen, dass die Kommunen die Möglichkeit haben, auch personell diese Aufgabe in den Regionen zu bewältigen. Ein Beispiel, dass der Bund das an anderer Stelle tut:
in der NKI, aus der Kommunalrichtlinie, ist es möglich, einen sogenannten Klimaschutzmanager zu finanzieren. Was spricht eigentlich gegen einen – ich sag das mal etwas einfach – Strukturwandelmanager für die jeweilige Region oder für die jeweilige Kommune? Jetzt zu den Kommunen. Es gibt eine völlig unterschiedliche Wahrnehmung, wie die Kommunen sozusagen beteiligt werden.
Ich muss da auch etwas meinen Vorrednern widersprechen, was der Bund alles tun darf und was er nicht tun darf. Man muss sich überlegen, dass das eine föderale Geschichte ist und die ist hochkomplex. Das heißt, wenn der Bund sagt, liebe Länder, ich gebe euch 700 Millionen Euro pro Jahr, und das ist ja nun auch vereinbart worden in der Kommission, dann haben die so ein bisschen freie Hand, damit zu machen, was sie eigentlich wollen. Das stand da auch irgendwo mal drin und das passiert jetzt auch und da stellen wir fest, dass die kommunale Ebene auch mit dem Potential, das vor Ort ist, nur unzureichend eingebunden wird, und zwar immer unterschiedlich, der eine Landrat hat mitgearbeitet in der Kommission, hat aber seine kreisangehörigen Städte und Gemeinden gar nicht informiert. Der Andere ist aus anderen persönlichen Beziehungen gut informiert und ist auch eingebunden. Das läuft zum Teil nach dem Zufälligkeitsprinzip und der Prozess ist noch nicht richtig strukturiert und vor allen Dingen, das kommt hinzu, es fehlt eigentlich das Potential, das vorhanden ist, wirklich mitzunehmen. Ich komme aus einer Region, die seit etwa 30, 40 Jahren Strukturwandel macht, das ist das Ruhrgebiet.
Und wenn im Ruhrgebiet nicht an manchen Stellen in manchen Städten total verrückte Sachen gedacht worden sind, dann wäre nichts passiert und ich kann Ihnen sagen, das hat sich nicht die Landesministerialbürokratie ausgedacht, sondern das haben die sich vor Ort ausgeguckt. Das heißt, wir
brauchen vor Ort Freiräume, auch mal zu tun, was bisher etwas quer lief zu anderen Überlegungen.
Letzte Bemerkung: Finanzkraft. Das ist eine Sache, die von den Ländern auf jeden Fall unterfüttert werden muss und da sehe ich jetzt aber nicht den Bund in der Pflicht. Ich muss als Bund dafür sorgen, dass der Rahmen stimmt, aber die Länder sind gefordert, sich um die Kommunalen Finanzen zu kümmern.